Fischer Group International
November 4, 2021

„Zurück in die Zukunft“ – der Weg in die hybride Arbeitswelt

Von: F. Schammann-Vogel

Im gegenwärtigen schrittweisen Abbau der Maßnahmen gegen die Covid-Pandemie befinden wir uns momentan auf dem Weg „zurück in die Zukunft“. Zurück in eine Arbeitswelt ohne Covid-Maßnahmen und gleichzeitig vorwärts in eine hybride Arbeitswelt, die den meisten von uns noch neu ist. Wie gestalten wir diese neue Arbeitswelt? Wie sichern wir den Erfolg der Organisationen und Teams? Wie werden Führende darin maximal wirksam? Anstatt fertiger Antworten, die momentan noch niemand zu haben scheint, hier ein paar Hypothesen und Beobachtungen zum Verständnis der Situation.

Blogartikel_hybrides_Arbeiten

6 Hypothesen

Aus dem virtuellen Arbeiten wird das hybride Arbeiten

Das virtuelle Arbeiten hat sich in der Covid-Pandemie rasant entwickelt, getrieben von den harten Vorgaben im Rahmen der Pandemie-Maßnahmen. In der Sprache der Organisationsentwickler gesprochen: der „Sense of Urgency“ war so eindeutig, dass die Lernkurve sehr steil verlief und auch weniger technik-affine Menschen das Arbeiten mit virtuellen Mitteln schnell gelernt haben. Nun sind wir dabei, aus beiden Arbeitsweisen die Vorteile abzuleiten und das „hybride Arbeiten“ zu entwickeln, in dem wir die Vorteile aus beiden Konzepten nutzen können.

Eine Rückkehr zur alten Normalität wird es nicht geben

Obwohl eine Rückkehr zum gewohnten, von Präsenzarbeit dominierten Arbeiten nun (bald) wieder möglich wäre, wird das in den meisten Organisationen nicht passieren. Zu groß ist der Nutzen, zu gewichtig sind die Vorteile des hybriden Arbeitens: größere Flexibilität für Unternehmen und Mitarbeitende und die Einsparung von Kosten für Reisen und Büroflächen. Hybrides Arbeiten erscheint uns als state of the art. Im Nachhinein erscheint es fast kurios, dass es erst die Pandemie brauchte, um all diese Möglichkeiten zu entdecken.

Die Entwicklung des new normal geht mit schnellen Schritten voran

Momentan läuft ein gigantischer Feldversuch, in dem unzählige Unternehmen und Organisationen gleichzeitig das sogenannte hybride Arbeiten entwickeln. Es entstehen an vielen Orten gleichzeitig Regelungen, Good Practices, Empfehlungen und Rahmenwerke. Sie alle haben zum Ziel, die Vorteile zu nutzen, die Nachteile abzumildern und die Transformation in das „new normal“ mit wenig Friktion zu ermöglichen. Dabei lernen immer noch alle gleichzeitig in kurzen Iterationen. Lösungen und echte Learnings werden Schritt für Schritt sichtbar. Großer Wissensvorsprung ist selten.

Die gelebte Unternehmens- und Führungskultur entwickelt sich langsamer

Parallel zu den expliziten oder festgeschriebenen Regeln und Rahmenbedingungen entwickelt sich eine neue Kultur des Arbeitens, der Zusammenarbeit und der Unternehmenskultur. Kultur als das Zusammenwirken aller implizit wirksamen, also nicht explizit beschriebenen Regeln, Normen, Glaubenssätze und inneren Leitlinien und entwickelt sich naturgemäß langsamer als auf Papier geschriebene Regelungen. Kultur braucht Zeit, um sich zu adjustieren.

Eine Schlüsselrolle in der Transformation kommt der Führung zu

Die Aufgabe der Führenden aller Ebenen dabei ist die klassische Aufgabe im Change/in der Transformation: den Erfolg der Organisation sichern, den Mitarbeitenden Orientierung geben, die Mitarbeitenden im Wandel empathisch begleiten und die eigene Wirksamkeit sichern. Das, wie oft, bei hoher eigener Unsicherheit, sich wandelnden Zielen und hoher persönlicher Betroffenheit.

Führende und Teams müssen neue Lösungen für zentrale Fragen der Organisation finden

Zentrale Fragen der Unternehmenskultur erfahren momentan eine harte Konfrontation durch die neuen Gegebenheiten. Entscheidungen über Weichenstellungen müssen getroffen werden, Regelungen zum flexiblen Arbeiten müssen erstellt werden. Aber in der komplexen Entscheidungssituation braucht es auch Augenmaß und viel Aufmerksamkeit für die Resultate.

Es geht dabei um hohe intangible Werte von Organisationen und Teams: Wie bewahren wir die Identifikation und Loyalität, wie sichern wir die Solidarität unter Mitarbeitenden. Wie messen und belohnen wir Leistung, wie sichern wir Qualität. Und wie garantieren wir einen Safe Space zum Lernen, zur Innovation und zur Lösung von Konflikten.

6 Beobachtungen

Die Trennung von Arbeits- und Privatleben funktioniert nicht mehr

Im hybriden Arbeiten wird die traditionelle Trennung von Arbeits- und Privatleben endgültig aufgehoben. Das Aufweichen der Grenzen begann mit dem Gebrauch von Laptops und mobilen Geräten, seit der Arbeitsort explizit in den privaten Raum verlagert ist, ist die traditionelle Trennung von Arbeit und Freizeit endgültig Vergangenheit. Mit weitreichenden Folgen für die Organisation jedes einzelnen, für die Zusammenarbeit und die Führung.

Die Diversität und Individualität der Lebens- und Arbeitssituationen nehmen zu

In der alten Welt wurde über die Organisation der Arbeit in gemeinsamen Orten (Büros und Gebäuden) zu gemeinsamen Zeiten (geregelte Arbeitszeiten) eine relative Gleichheit von Arbeitsbedingungen erreicht. Unterschiede gab es, die wurden aber von Hierarchien und Organisationseinheiten bestimmt. Im hybriden Raum wirken nun andere, private und persönliche Gegebenheiten viel stärker als bisher in die Arbeit hinein. Die Wohnverhältnisse, die private und familiäre Situation bis hin zu privaten Spannungen und Konflikten zeigen Wirkung. Und müssen von den Führenden in adäquater Weise beachtet und adressiert werden.

Führen ist noch einmal komplexer geworden

Bis vor Kurzem war es Führenden noch möglich, sich aus dem Privatleben der Mitarbeitenden weitgehend herauszuhalten. Für viele Beteiligte war das normal, das galt als erstrebenswert und professionell. Mit der Mischung der Lebensbereiche im Rahmen des hybriden Führens müssen Führende sich für die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden interessieren. Und wie genau das geht, wo hier die Grenze zwischen den Fürsorgepflichten der Arbeitgeber und nicht statthafter Einmischung in das Privatleben verlaufen sollte, darüber braucht es einen neuen Konsens. Und eine Menge von bilateralen und multilateralen Verständigungen.

Wie entsteht Bindung und Identifikation in der neuen Arbeitswelt?

Die Bindung an einen Arbeitgeber, an eine Organisation, ein Team oder eine Führungskraft spielten bisher unter anderem die gemeinsam verbrachte Zeit, der gemeinsame Arbeitsort, die unternommenen Geschäftsreisen und die Abende im Biergarten eine wichtige Rolle. Gemeinsam Erlebtes, vor allem Ungeplantes und kaum hinterfragte Riten des Arbeitens schweißten die Menschen zusammen. Das zufällige Treffen in der Kaffeeküche, das gemeinsame Essen in der Kantine, das Treffen beim Warten auf die S-Bahn.
In der hybriden Arbeitswelt entstehen solche Erlebnisse nicht mehr automatisch in gleicher Weise. Um Bindungen und Identifikation zu ermöglichen, scheint es sich auch in Zukunft zu lohnen, sich zu treffen und sich freie „Quality Time“ zu nehmen. Auch wenn es im ersten Schritt nicht effizient zu sein scheint.

Psychological Safety

Wir Menschen als soziale Wesen benutzen immer schon alle Sinne zur Einschätzung von Situationen, von Gefahren und von anderen Menschen. Vertrauen in Menschen und in Gruppen entsteht dann, wenn ich in meinem Gegenüber kongruente, stimmige Nachrichten wahrnehme und mich so sicher fühlen kann. Das hybride Arbeiten reduziert uns in vielen Situationen auf die visuelle und auditive Wahrnehmung. Andere Sinneskanäle und die viel beschworene nonverbale Kommunikation fehlen weitgehend. Wir können uns über diese Verluste professionell erheben oder zugeben, dass uns da Elemente der Kommunikation, des Beziehungsaufbaus und der Einschätzung fehlen. Sie fehlen zum Aufbau von Vertrauen und Bindung.

Wahrnehmung und Bias

Aus der Hirnforschung wissen wir, dass der Mensch dazu neigt, Informationen zu vereinfachen und zu verallgemeinern. Das spart Denkaufwand und macht in kritischen Situationen schnell entscheidungsfähig. Und so stecken wir oftmals Menschen in Schubladen und sehen sie nicht in so vielen Facetten, wie es ihnen vielleicht gerecht würde.

Im hybriden Arbeiten geschieht das noch leichter, weil wir uns weniger informell begegnen, weniger Sinneskanäle zur Verfügung haben und uns die zufälligen Begegnungen fehlen, mit denen wir die Vielfältigkeit der Persönlichkeit des Gegenübers wahrnehmen. Auch dafür scheint es wichtig zu sein, dass wir noch einen Rest an face-to-face-Arbeit ermöglichen: um wertschätzende Rückmeldung geben zu können, um Leistung zu messen und Qualität zu sichern. Um Konflikte lösen und Entwicklung möglich zu machen.

Fazit

Viele Organisationen sind auf der Suche nach dem besten Weg in das hybride Arbeiten. Dabei stehen heute herausfordernde Entscheidungen an, während wir uns eigentlich auch erst noch weiter orientieren müssen. So sind wir im Feldversuch „hybrides Arbeiten“ gleichzeitig Kultur-Gestalter und Kultur-Beobachter.
Was jenseits der eher praktischen Tipps zu digitalen und organisatorischen Rahmenbedingungen wichtig sein wird ist schrittweise vorzugehen, achtsam zu bleiben und pragmatische Lösungen zu finden. Es braucht den Mut, den individuellen Weg zum hybriden Arbeiten gemeinsam zu entwickeln und zu reflektieren. Wir alle sind gespannt auf die nächsten Iterationen, auf die nächste Welle der Erkenntnisse und des Verstehens. Und wir freuen uns darauf, diese mit Ihnen zu teilen.

Bleiben Sie neugierig!

Herzliche Grüße
Friederike Schammann-Vogel

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