Fischer Group International
Dezember 13, 2017

Wenn Manager und Musiker aufeinandertreffen (Teil 2)

Von: Johannes Antz

Im Rahmen des Führungskräfteprogramms „Management Development Campus“ (MDC) der Robert Bosch GmbH erleben die Teilnehmer eine Begegnung der besonderen Art: 35 Führungskräfte treffen für einen Abend auf das deutsche Filmorchester Babelsberg. Lucia Gerber, Programmverantwortliche der Robert Bosch GmbH und Martin Krause, Solo-Schlagzeuger des deutschen Filmorchesters Babelsberg, schildern ihre Erfahrungen in einem Interview, das wir auszugsweise in zwei Teilen veröffentlichen.

Leadership_Teamentwicklung

Im großen Aufnahmestudio auf dem Filmgelände sitzen die Führungskräfte mitten im Orchester zwischen Musikern, Instrumenten und Notenpulten mit Blick zum Dirigentenpult. Hier hören, sehen, erfahren sie Themen wie Führung und Zusammenarbeit aus einer ungewohnten Perspektive. Johannes Antz von fgi organisiert und moderiert diese Begegnungen regelmäßig seit nunmehr 10 Jahren. Nun ist es Zeit, einmal nachzufragen, was Führungskräfte und Musiker von diesen Treffen mitnehmen.

Johannes Antz: Als ein Bosch-Manager das Filmorchester als „Laie“ tatsächlich einmal selbst dirigieren durfte, zeigte er sich im anschließenden Gespräch sehr beeindruckt, wie unmittelbar das Orchester auf seine Bewegungen mit dem Taktstock reagiert – eine besondere Erfahrung in Sachen nonverbaler Kommunikation. Zum anderen hat man beim Zusehen natürlich schon den Eindruck, dass hier jeder Musiker im Orchester Verantwortung für das Ganze übernimmt, um gemeinsam gut zu performen. Können Sie das bestätigen?

Martin Krause: 
Ja, es freut mich zu hören, dass das so wahrgenommen wird. Ich habe es immer wieder erlebt, dass die Kollegen dann einen Ehrgeiz entwickeln, den Schlag des Bosch-Dirigenten ganz besonders präzise mitzuverfolgen, um auch zu verdeutlichen, dass das, was man rein gibt, auch rauskommt. Wenn man etwas langsamer wird und nicht genau im Tempo bleibt, dann wird die Musik auch langsamer und wenn man ganz langsam wird, dann passiert auch nichts weiter. Das wird dann oftmals mit einem Schmunzeln und ganz großer Lust ausmusiziert.

Johannes Antz: In einer solch ungewohnten Situation müssen sich die Bosch-Dirigenten ja auch auf ihre Intuition verlassen. Welchen Stellenwert hat Intuition für Musiker und Führungskräfte?

Martin Krause: 
Intuition ist ein Begriff, der in beiden Welten eine große Rolle spielt. Also, ich stelle mir zumindest vor, dass Intuition auch bei Führungskräften wichtig ist – in dem Sinne, dass man oftmals auch unter Zeitdruck Entscheidungen treffen muss.

Bei uns Musikern in klassischen Orchestern, wo man ja eigentlich immer die gleichen Noten zu spielen hat, muss man trotzdem immer Augen und Ohren offenhalten. In jedem Proben- bzw. Konzertsaal klingen die Stücke unterschiedlich. Auch ist das Orchester manchmal anders aufgebaut, dann hört man wieder ganz anders und daher ist es besonders wichtig, intuitiv zu reagieren.

Man tut dann ja oft auch Dinge, bei denen man in dem Moment gar nicht genau weiß, warum man sie tut, aber es stellt sich nachher oftmals als sinnvoll heraus. Sich tatsächlich auf den Moment einzulassen und da auch seinem Gefühl bzw. seiner Erfahrung zu vertrauen – das ist eigentlich schon mehr als 50 Prozent, also die halbe Miete.

Johannes Antz: Ich vermute mal, Frau Gerber, bei Bosch würde sich das vielleicht etwas anders darstellen? 

Lucia Gerber: Ja, das glaube ich auch [lacht]. Man betont zwar schon manchmal, dass es wichtig ist, Bauchentscheidungen zu treffen, aber dann wird natürlich auch immer alles gerne noch einmal überprüft und sehr sachlich angepasst oder noch einmal reflektiert oder getestet. Das ist bei uns schon eindeutig ein anderer Blick, eine andere Priorität.

Johannes Antz:  Braucht es für „gute“ Führung überhaupt Intuition?

Lucia Gerber:
 Ja, auch bei uns braucht es schon das Zusammenwirken von Erfahrung, sensiblen Wahrnehmungen und Empathie. Aber es ist doch eine eher sachliche und reflektierte Welt, in der solche Faktoren eher an zweiter Stelle kommen oder zumindest benannt werden – das trägt man nicht so vor sich her, denke ich.

Und ich glaube das ist etwas, das unsere Führungskräfte bei dem Orchesterbesuch dann erspüren können: Dass hier dann doch eine Vielfalt von anderer Energie, Atmosphäre, Intuition, Sensibilität und Emotion – was es auch immer ist – im Vordergrund steht. Es wäre gar nicht so schlecht, wenn wir das in unserem Führungskontext auch stärker berücksichtigen und manches vielleicht auch mit einem anderen Blick wahrnehmen würden.

Johannes Antz: Nach dem Workshop sitzen die Musiker und Führungskräfte traditionell ja noch bei Wein und Pizza zusammen und tauschen sich aus. Frau Gerber, wie nehmen Sie diese Treffen wahr?

Lucia Gerber:
 Diese Begegnungen sind sowas von inspirierend und so schön auf Augenhöhe. Sehr spannend finde ich natürlich die Biografien der Musikerinnen und Musiker. Die sind ganz unterschiedlich, einige geben z.B. nebenher noch Unterricht, dann diese Konzertreisen und so weiter. Hier zeigen sich natürlich Faszination und größter Respekt. Gleichzeitig findet auch oft ein sehr konkreter Austausch über Arbeitsbedingungen, Verdienst und solche Themen statt. Wie sieht der jeweilige Alltag aus, was ist der Hintergrund, was erlebt man und wie kann man davon auch gut leben?

Martin Krause: Ich kann mich da Frau Gerber nur anschließen: In aller Regel sind das wirklich spannende Gespräche, die da entstehen. Es muss dann auch gar nicht ausschließlich um Musik gehen oder um die Arbeit, manchmal geht es auch um Privates – Kindererziehung zum Beispiel. Letztens hat mich ein Teilnehmer gefragt, wie ich dazu stehen würde, dass sein Kind Schlagzeug-Unterricht haben soll und das aber gar nicht will. Darüber haben wir dann lange gesprochen. Ich finde diese Zusammentreffen von Persönlichkeiten aus zwei ganz unterschiedlichen Welten immer wieder inspirierend und toll für beide Seiten.

Johannes Antz: Frau Gerber, Herr Krause, ich danke Ihnen für das Gespräch und freue mich auf das nächste Zusammentreffen in Babelsberg.

Ob Workshop, Konferenz oder Programm: Wenn Sie auch Ihren Führungskräften neue Blickwinkel vermitteln möchten, sprechen Sie gern Johannes Antz an.

Hier erhalten Sie weiterführende Details:
PARTICIPATION METHODS
LEADERSHIP CONVENTS

 

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