Fischer Group International
Juli 13, 2020

Sind Präsenzcoachings bald Schnee von gestern?

Von: Dr. Natascha Rodrigues

In den vergangenen Monaten hatten wir, entgegen unserer sonstigen Gewohnheiten, keine Wahl. Präsenzcoachings konnten, in Anbetracht der Covid-19 Pandemie und der damit verbundenen Maßnahmen, nicht stattfinden. Virtuelle Coachings hingegen schon. Was haben wir daraus gelernt und was bedeutet das für die Zukunft?

coachingschneevongestern

Virtuelle Coachings gehörten für mich und meine Kollegen auch vor der Krise zum Alltag. Wenn ich die Wahl hatte, habe ich aber immer Präsenzcoachings den Vorzug gegeben. Einander im Coaching face to face (f2f) zu begegnen, gemeinsam in einem Raum zu sein, auch die feinen Nuancen in der Gestik und Mimik des Anderen wahrnehmen und darauf reagieren zu können, schien mir unersetzlich, um nur einige Aspekte zu nennen, die das Präsenzcoaching kennzeichnen.

Die letzten Monate waren anders. Die Covid-19 Pandemie hat dazu geführt, dass wir alle, sowohl im beruflichen als auch überwiegend im privaten Kontext, für eine Weile gar nicht mehr persönlich miteinander kommunizieren konnten, sondern nur noch virtuell. Mit Blick auf das Coaching führte das dazu, dass ich einige Prozesse, die mit f2f Coachings begonnen hatten, virtuell fortgesetzt habe und dass ich in neue Prozesse gleich virtuell eingestiegen bin. Die gute Nachricht vorab: Das hat sehr gut funktioniert. Folgende drei Thesen, die ich vorab vertreten habe, konnte ich im Laufe der letzten 3 Monate widerlegen:

  1. Vor allem zu Beginn eines Coachingprozesses ist es wichtig, einander persönlich kennenzulernen. Nur über Präsenzcoachings kann man Offenheit und Vertrauen aufbauen.

Es ist ein sehr guter Start ins Coaching, sich persönlich zu begegnen und kennenzulernen. Man sieht, wie der andere den Raum betritt, sich bewegt, nimmt Stimmungen und Schwingungen wahr. Virtuell, nur mit dem Bildschirm und der Stimme verbunden, ist das anders. Das was man voneinander sieht und wahrnimmt ist reduzierter und fokussierter, aber wenn man diese Impulse aufnimmt und darauf Bezug nimmt, kann man schnell eine gute Verbindung herstellen und sie im Verlauf des Coachings und des Coaching-Prozesses vertiefen, auch wenn man sich rein digital und nicht persönlich begegnet.

  1. Video-Coachings sind anstrengend und es ist ermüdend, die ganze Zeit konzentriert auf den Bildschirm zu sehen. Über einen längeren Zeitraum kann man die Aufmerksamkeit nicht halten.

Video-Konferenzen sind anstrengend, keine Frage, das hat uns die Erfahrung der letzten Monate gelehrt. Beim Coaching hingegen sind wir im Dialog mit nur einer Person, das schafft mehr Ruhe, wir können uns ganz auf den 1:1 Austausch und die Gestik, Mimik und Stimme einer Person konzentrieren. Über einen Zeitraum von 2 Stunden ist es meiner Erfahrung nach sehr gut möglich, die Aufmerksamkeit zu halten. So kann ein sehr intensiver Dialog entstehen, in dem man auch gemeinsam herausfordernde Situationen reflektieren und Themen vertiefen kann.

  1. Technische Probleme erschweren den Prozess.

Mit technischen Problemen ist immer zu rechnen, aber wenn man als Coach die Ruhe bewahrt und ggf. improvisiert bzw. einen Plan B hat, müssen sie den Prozess nicht beeinträchtigen. Es gibt mehrere Anbieter für Videokonferenzen und es empfiehlt sich, mit dem Angebot vertraut zu sein und zwischen ihnen wählen zu können. Wenn eine Verbindung nicht funktioniert, kann man es über eine andere versuchen. Funktioniert es über den Computer nicht, weicht man auf das Handy aus usw.

 

Viele Argumente gegen virtuelle Coachings lassen sich also bei näherer Betrachtung rasch ausräumen. Zudem haben sie im Vergleich zu Präsenzcoachings mehrere Vorteile, die auf der Hand liegen. Sie bieten Flexibilität und sparen Zeit, weil Coach und Coachee sich jeweils wo auch immer sie wollen aufhalten können. Sie müssen weder im selben Raum, noch in derselben Stadt oder demselben Land sein. Abgesehen davon, dass der Bildschirm im virtuellen Coaching einen intensiven Austausch von Angesicht zu Angesicht ermöglicht, bietet die Verbindung per Video noch weitere Möglichkeiten. Indem man den Bildschirm teilt, kann man gemeinsam auf Präsentationen, Notizen u.a. schauen, man kann das Whiteboard im Coaching nutzen, um etwas zu zeichnen und zu skizzieren und zudem gibt es auch spezielle Kommunikations-Tools, die für virtuelle Workshops und auch für Coachings genutzt werden können.

 

Sind also, um zur Eingangsfrage zurückzukommen, Präsenzcoachings bald Schnee von gestern?

Meine Antwort ist ein klares Nein.

Warum das, was zeichnet Präsenzcoachings aus? Bei einem persönlichen Coaching-Treffen begegnet man einander und ist in seiner Wahrnehmung nicht fokussiert und reduziert auf einige wenige Details. Man sieht den anderen in seiner Gesamtheit, wie er sich bewegt, man nimmt seine Gestik, Mimik und Stimmung wahr, auch die kleinen Details, ein leichtes Zögern, eine kleine Irritation. Man hat von Beginn an eine, im wörtlichen Sinne, enge Verbindung. Mir als Coach stehen beim Präsenzcoaching eine Vielfalt von Methoden zur Verfügung, die ich sehr spontan anbieten und einsetzen kann. Das Präsenzcoaching ermöglicht ein intensives Sparring und gemeinsames Reflektieren. Gerade in besonders herausfordernden Situationen, in denen es auch um die Analyse der Gesamtsituation geht, beispielsweise beim Führungswechsel oder in Changeprozessen ist dies besonders von Vorteil.

Der Blick auf die letzten Monate zeigt, dass viele Coachees die Möglichkeit des virtuellen Coachings sofort angenommen haben und sich ohne Vorbehalt darauf eingelassen haben. Einige ziehen es vor, dabei zu bleiben, andere wünschen sich, sobald dies möglich ist, wieder Präsenzcoachings und manche präferieren eine Kombination, also einen Prozess, der sowohl virtuelle als auch Präsenzcoachings beinhaltet.

 

Was bedeutet das nun für die Zukunft? Mein Fazit ist, dass die Chance darin liegt, die Vielfalt an Möglichkeiten zu nutzen und zu verbinden. Virtuelle Coachings bieten die Möglichkeit, einen Coaching-Prozess zu gestalten, der hohe zeitliche und räumliche Flexibilität bietet und zugleich einen intensiven Austausch ermöglicht. Präsenzcoachings bieten eine Form von Sparring und gemeinsamer Reflexion, die sehr ganzheitlich ist. Es geht nicht um ein Entweder/Oder, sondern um ein Sowohl/Als auch. Für die Zukunft und mit Blick auf die Herausforderungen, für die Führungskräfte heute und künftig gewappnet sein müssen, sind Präsenzcoachings und virtuelle Coachings gleichermaßen wichtig. In Zukunft gilt es, beides zu vereinen und dafür Sorge zu tragen, stets die beste Lösung für die Anforderungen der Situation und für die Bedürfnisse des Coachees zu finden.

 

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