Fischer Group International
Februar 17, 2021

Grossveranstaltungen im virtuellen Raum

Von: Johannes Antz

Zu seinen Veranstaltungen lädt unser Experte für Großveranstaltungen, Johannes Antz, auch mal ein Ameisenvolk ein, um Führungskräften zu verdeutlichen, wie gute Schnittstellenkommunikation funktioniert. Auch die gemeinsame Arbeit mit Schauspieler:innen hat sich in der Vergangenheit immer wieder als eine gute Möglichkeit erwiesen, Menschen zum Verlassen ihrer gewohnten Kontexte zu animieren und neue Perspektiven zu erkunden. Seit Beginn der Corona-Pandemie fallen solche Möglichkeiten weg oder verändern sich, denn einen Großteil unserer Großveranstaltungen mussten wir in den virtuellen Raum verlegen. Im Interview berichtet Johannes Antz, wie er diese Veränderung erlebt hat und wie man es trotzdem schaffen kann, die Atmosphäre einer Großveranstaltung entstehen zu lassen, auch wenn die Teilnehmer:innen im Homeoffice sitzen.

Digitale_Grossveranstaltungen

Johannes, du führst schon seit vielen Jahren Großveranstaltungen teilweise mit Hunderten Teilnehmer:innen durch. Was war dein erster Gedanke, als es im letzten Jahr hieß, „ab sofort nur noch digital“?

Als Erstes habe ich an unsere zu dem Zeitpunkt bereits geplanten Veranstaltungen gedacht und mich gefragt, wie wir es schaffen, in so kurzer Zeit unsere Formate komplett in den virtuellen Raum zu verlegen. Das hat bedeutet, dass wir – und unsere Kunden genauso – etwas ganz Neues ausprobieren mussten. Gleichzeitig stellte sich auch die Frage, geht da überhaupt noch mehr als die Online-Meeting-Plattformen, die man bis zu diesem Zeitpunkt kannte und wie können wir auch im digitalen Raum eine vergleichbare Atmosphäre schaffen.

Wie schafft man es, die Atmosphäre einer Großveranstaltung herzustellen und niemanden abzuhängen, wenn alle aus dem Homeoffice zugeschaltet sind?

Zunächst muss man festhalten: Es gibt keine Garantie, dass man alle Menschen erreicht, die zuhause im Homeoffice sitzen. Bei analogen Veranstaltungen ist das Mitnehmen vieler Menschen oft schon Herausforderung genug, aber dort bekommt man das laufende, auch nonverbale Feedback sehr genau mit und kann im Zweifel kurzfristig intervenieren. Das geht bei einer Onlineveranstaltung nur bedingt und damit gilt es zu arbeiten. Dennoch gibt es viele Elemente, die man einsetzen kann, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Menschen auf die Veranstaltung einlassen und möglichst dabeibleiben.

Was wäre das beispielsweise?

Es braucht attraktive Umgebungen, in denen sich Menschen auch im virtuellen Raum begegnen können. Bei einer großen Konferenz, die wir für Führungskräfte organisiert haben, konnten die Teilnehmer:innen in virtuelle Räume einchecken und sich dort an Messeständen im 3D-Look austauschen. Als Unterstützung sind gut funktionierende und emotionale Bilderwelten dabei sehr wichtig sowie die Möglichkeit für Feedback zwischendurch und Diskussionen in wechselnden Settings. Man muss sehr darauf achten, dass nicht zu viel Musik von vorne kommt, weil Teilnehmer:innen sonst innerlich auschecken. Ich glaube, dass dieses „immer wieder beteiligen“ ein Rezept dafür ist, damit niemand überhaupt erst auf die Idee kommt, einzuschlafen oder sich zu langweilen.

Wie beteiligt man so viele Menschen online?

Da gibt es viele Beispiele. Bei großen Diskussions-Gruppen sammelt man zum Beispiel Fragen in einem Chat. Die laufende Priorisierung dieser Fragen mit allen Teilnehmer:innen und eine gute Moderation tragen dazu bei, dass viel Interaktion und Transparenz für alle entsteht. Gut aufgesetzte Breakout-Sessions können Beteiligung auf Augenhöhe ermöglichen. Auch die gezielte Einbindung von „Selbstgemachtem“ der Teilnehmer:innen wie persönliche Statements per Handy-Clips, Fotos etc., unterstützen eine lebendige, partizipative Atmosphäre – mehr bottom-up Anteile in den Veranstaltungskonzepten schaffen ein anderes Gefühl von Eingebundensein.

Die Technik ist bei virtuellen Veranstaltungen natürlich zentral. Was sind hier deine Erfahrungen?

Wir können uns die tollsten Konzepte ausdenken, ohne eine funktionierende Technik, die allen einen Zugang ermöglicht, bringt uns das nichts. Das heißt, dass wir im Vorfeld sehr viele Dinge abklären müssen. Das geht los bei der Frage, welche unterschiedlichen technischen Voraussetzungen die Teilnehmer:innen an ihren Rechnern haben und welche Programme und Tools bei Kund:innen überhaupt verwendet werden dürfen, Datensicherheit, Ergonomie usw. Ich bin wirklich kein IT-Experte, aber dies sind Themen, mit denen man sich am besten frühzeitig befasst und rechtzeitig die nötigen Expert:innen mit einbezieht – gerade auch auf Kund:innenseite. Gleichzeitig zeigt sich hier die Trägheit von großen Organisationen: Die neuen technischen Möglichkeiten und der Wunsch nach innovativen Formaten einerseits und andererseits der oft mühsame, abstimmungsintensive und zeitaufwändige Prozess bis zum genehmigten Einsatz neuer Tools und digitaler Plattformen ist ein Spannungsfeld, in dem wir uns alle geschmeidig bewegen müssen.

Gibt es Methoden, die sich in den letzten Monaten besonders erfolgreich herausgestellt haben?

Es ist wichtig, immer wieder schnelle, inspirierende Perspektivwechsel und wechselnde Gesprächssettings anzubieten. Spannend ist auch die Form sogenannter Hybridveranstaltungen, bei denen beispielsweise mit dem Top Managements live aus einem Studio gestreamt wird und sich die weiteren Teilnehmer:innen durch moderierte Live-Zuschaltungen ins Studio an der Diskussion beteiligen können. Dies und der Einsatz von Telefon-Jokern etc. setzen einen erlebnisreichen Kontrapunkt zu den eher nüchternen Oberflächen der gängigen Video-Conferencing Tools. Ebenso wichtig ist und bleibt es, Raum für spielerische Elemente in solche Veranstaltungen mit einzuplanen.

Wie baut man spielerische Element mit ein?

Wir machen schon lange gute Erfahrungen damit, zum Beispiel Theater in unsere Veranstaltungen zu integrieren. Im virtuellen Raum entwickeln und erproben wir nun gemeinsam mit den Schauspieler:innen und anderen Kreativen innovative Formate. Im letzten Jahr haben wir die Teilnehmer:innen einer Konferenz online an der Szenenentwicklung beteiligt. Dabei wurden die Schauspieler:innen live aus einem Theater-Studio gestreamt und spielten Szenen aus dem Führungsalltag des Unternehmens. Die in den Szenen dargestellten Führungskräfte kamen immer wieder in herausfordernde Situationen, wo sie sich schnell entscheiden und sich als Role Models verhalten mussten. Also wie mutig entscheiden sie sich in einer Situation: Option A, B oder C und was passiert dann? Diese Entscheidungen haben wir mit 250 Teilnehmer:innen in Echtzeit getroffen, indem sie über ein Online-Tool voten konnten, in welche Richtung sich die Szene entwickeln soll. Dies ermöglicht eine erhellende Momentaufnahme vorherrschender Mindsets der Teilnehmer:innen. Ein unglaublich spannendes Format für Interaktion entlang von Führungsthemen. Solche Interventionen sind besonders hilfreich bei der Arbeit an Führungskultur und definitiv auch online möglich.

Was sind für dich die wichtigsten Learnings, die du im vergangenen Jahr dazugewonnen hast?

Ein Haupt-Learning war zu sehen, dass Menschen offen und bereit sind, sich auf das Abenteuer virtueller Veranstaltungen einzulassen – man muss sie nur gut mitnehmen. Was wir alle zu Beginn schnell lernen mussten: Man kann nicht einfach von analog in digital übersetzen. Der virtuelle Raum bietet keine klassische Bühnen-/Zuschauersituation und keinen physisch bespielbaren Raum. Wir müssen jetzt viel mehr von den User:innen her denken und uns fragen, wie es denen während einer Veranstaltung geht, wenn sie im Homeoffice sitzen. Spannungsbögen müssen im virtuellen Raum viel kürzer gestaltet werden und dadurch verändert sich auch die gesamte Dramaturgie der Veranstaltung.

Ein weiteres Learning ist, dass die Möglichkeiten, im Prozess zur reagieren, auf einer digitalen Veranstaltung sehr begrenzt sind. Du musst vieles im Voraus denken. Insgesamt ist der Vorbereitungsaufwand für digitale Veranstaltungen eher höher, weil allein durch den technischen Part viele Themen hinzukommen. Das wird schnell unterschätzt. Und ein weiterer Aspekt ist der Umgang mit dem Unerwarteten, mit Pleiten, Pech und Pannen. Solche Dinge können trotz aller Planung immer mal passieren in solch hochkomplexen Settings. Man sollte dies offen spielen und dazu zu stehen. Gelassen und locker bleiben…am Ende geht immer irgendwas!

Wie blickst du auf das Jahr 2021?

Wir befinden uns in Bezug auf virtuelle Großveranstaltungen alle noch in einer Pionierphase. Ich denke, dass wir noch viel ausprobieren werden. Nicht nur die technischen Möglichkeiten entwickeln sich rasant weiter, auch viele neue kreative Formate entstehen und darauf blicke ich mit Faszination. Natürlich wünschen wir uns, bald auch wieder physische Veranstaltungen ausrichten zu können, das spüren wir auch bei unseren Kunden. Aber wir alle wissen auch, dass Großveranstaltungen nicht mehr genauso sein werden wie vor Covid-19. Wie bei jeder Veränderung tun sich auch hier neue Chancen auf, wenn sich veranstaltungsmäßig das eine oder andere in Zukunft neu sortiert.

Wenn Sie mehr über digitale Großveranstaltungen erfahren möchten, dann laden Sie sich gerne unseren Case "Wenn nur der Spirit ansteckt" herunter, vereinbaren Sie einen Gesprächstermin über unser Kontaktformular oder direkt mit unserem Berater: johannes.antz@fgi-mail.com

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