Fischer Group International
Juni 9, 2021

Unternehmenskultur als Zukunftsfaktor in Unternehmen

Von: Dr. Peter Fischer

Vor über 25 Jahren gründete Peter Fischer die Fischer Group International. Gerade ist sein zweites Buch „Zukunftsfaktor Unternehmenskultur“ erschienen, in dem er aufzeigt, wie Unternehmen in sieben Schritten die Voraussetzungen für eine zeitgemäße und nachhaltige Unternehmenskultur schaffen können. Im Interview erläutert er, an wen sich sein Buch richtet, was es mit Kulturwandel auf sich hat und warum Unternehmen diesem Thema gerade heute besondere Aufmerksamkeit schenken sollten.

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1. Lieber Herr Fischer, warum dieses Buch gerade jetzt und zu diesem Thema?

Die Zeit ist reif. Es gab wohl kaum eine Zeit, in der die Unternehmen vor solch großen Herausforderungen standen wie heute. Es ist nicht nur die Herausforderung durch Covid-19 und die weiterwachsende weltweite Konkurrenz, es sind vor allem die Herausforderungen durch die sich noch immer beschleunigende Digitalisierung. Die meisten Unternehmen sind gezwungen, radikal umzudenken. Sie müssen nicht nur ihre Prozesse verändern und ihre Geschäftsmodelle hinterfragen, sondern vor allem neue Formen des Arbeitens entwickeln. Das verlangt Kulturwandel, ansonsten wird es nicht funktionieren.

2. An wen richtet sich Ihr Buch?

An das Topmanagement eines Unternehmens, also an Vorstände und an leitende Führungskräfte, die die Aufgabe und auch den Gestaltungsraum haben, die Kultur des Unternehmens oder einer Geschäftseinheiten zukunftsfähig zu gestalten. Für diese Zielgruppe wollte ich einen Überblick über die zwischenzeitlich umfangreiche Literatur zum Kulturwandel geben. Vor allem aber wollte ich, ähnlich wie in meinem Führungswechsel-Buch, einen „Leitfaden“ geben, wie man Kulturwandel im Unternehmen angehen muss, wenn man es richtig machen will.

3. Was meinen Sie, wenn Sie von Kultur und Kulturwandel sprechen? Gerade auch in Bezug auf Unternehmen.

Diese Frage wird mir immer gestellt. Kultur, da sind sich nun nahezu alle Fachleute einig, ist nicht mehr oder weniger als die Summe der meist unausgesprochenen Grundüberzeugungen und Selbstverständnisse einer Organisation, oder allgemeiner ausgedrückt, einer Gruppe von Menschen. Sie schlagen sich nieder in Gewohnheiten, also in Verhaltensabläufen und -prozessen, in Do’s und Dont’s, was man tun darf und was nicht. Sie zeigen sich aber meist auch in Äußerlichkeiten wie der Gestaltung von Räumen, der Architektur, der Lage eines Unternehmens und vielem mehr.

Wenn ein Unternehmen zum Beispiel davon überzeugt ist, dass der Kundenservice das entscheidende Erfolgsgeheimnis ist, dann schlägt sich das, ob man will oder nicht, in den Geschichten, die man sich über die Kunden erzählt, in dem Platz, dem man den Kunden in den Prozessen gibt oder im Umgang mit Beschwerden und vielem mehr nieder.

Das alles zusammen ist die Kultur des Unternehmens und wenn man von Kulturwandel spricht, dann meint man genau diese Veränderung der grundlegenden Haltungen und Überzeugungen. Also wenn man z.B. aus einer stark hierarchischen Organisation eine flache teamorientierte Organisation machen will, oder aus einem technikverliebten Unternehmen ein kundenorientiertes, dann spricht man von Kulturwandel.

Ist Kulturwandel etwas, das im Laufe der Zeit einfach passiert oder muss ein Kulturwandel immer aktiv herbeigeführt werden?

Kultur verändert sich fast immer, aber meist langsam. Natürlich haben wir uns in den letzten Jahren durch die Digitalisierung und die Kommunikation in den sozialen Netzwerken in vielen Lebensbereichen verändert. Natürlich trägt auch ein neuer Chef, mit neuen inneren Überzeugungen und einem anderen Führungsstil, Schritt für Schritt zu einem Kulturwandel in einem Unternehmen bei. Auch sich verändernde Anforderungen von Kunden wie z.B. andere Kommunikationsgewohnheiten führen zu einem oft nicht gleich sichtbaren Prozess des Kulturwandels im Unternehmen.
Will man jedoch einen solchen Prozess in begrenzter Zeit für eine größere Gruppe von Menschen, also ich spreche hier von tausend, zweitausend oder fünftausend Menschen, herbeiführen, dann braucht es einen aktiven Kulturwandel. Es braucht einen Prozess, es braucht verantwortliche Leute und vieles mehr.

Wer ist in Unternehmen für den Kulturwandel verantwortlich?

Natürlich ist Kulturwandel immer das Ergebnis aller handelnden Personen. Von daher könnte man strenggenommen sagen, für Kulturwandel sind alle verantwortlich. Sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter. Sie alle tragen mit ihren Haltungen, Überzeugungen, mit ihren Do‘s und Dont’s zur Gesamtkultur bei. Bei unseren meist hierarchischen Organisationen ist es allerdings so, dass den Führungskräften eine besondere Verantwortung zukommt. Sie sind per Hierarchie die Gestalter. Sie definieren oft die Do‘s und Dont’s und sie sind die, die durch gezielte Maßnahmen, aktiv einen Kulturwandel herbeiführen können. Das Problem dabei ist, dass sie es nicht allein können. Kultur kann man nicht anweisen, man muss die Leute mitnehmen und das macht es wieder zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe.

Wie hat sich das Thema Kulturwandel, seitdem Sie sich mit ihm beschäftigen, verändert? Worum ging es dabei früher, worum heute?

Das Thema ist grundsätzlicher geworden. Hat man sich früher mit einzelnen Aspekten der Unternehmenskultur beschäftigt, wie z.B. der Entwicklung einer Teamkultur oder der Entwicklung eines unternehmensweiten Qualitätsmanagements oder Qualitätsbewusstseins im Rahmen von TQM, so ist man heute mutiger. Das Ziel sind meist viel grundsätzlichere Veränderungen der Kultur, wie z.B. bei der Transformation der ING-Diba. Sie wollte und musste sich von einer klassischen Bank hin zu einem IT-Anbieter wandeln und stand damit vor einer großen Herausforderung. Hier stand plötzlich nicht nur der Einsatz von Technik, in einem traditionell stark beziehungs- und vertrauensorientierten Beratungsgeschäft, auf dem Prüfstand, sondern vor allem die Führungskultur. ING-Diba ging einen radikalen Schritt und veränderte auf einen Schlag die Aufbauorganisation. Sie verabschiedete sich von klassischen Vorgesetzten und experimentierte mit einer auf Selbstorganisation vertrauenden Teamkultur. Damit wird Kulturwandel heute oft zu einem viel grundsätzlicherem Wechsel im Selbstverständnis, in der Identität eines Unternehmens.

Warum sollten sich Unternehmen mit dem Thema Kulturwandel auseinandersetzen?

Ganz einfach, weil die meisten Unternehmen sonst den Anschluss an die Zukunft verlieren. Und zwar nicht nur in Richtung Kunde, sondern auch in ihrer Attraktivität für junge Mitarbeiter. Für die Mitarbeiter von heute steht die Firmenkultur ganz oben auf ihrer Prioritätenliste. Sie wollen wissen, wofür das Unternehmen steht. Sie wollen aber vor allem eine Führungskultur, die ihnen Raum für Verantwortung gibt.

Welche Art der Unternehmenskultur brauchen wir heute?

Hier zeichnen sich überraschender Weise eine Reihe von Themen ab, die offensichtlich in der Kultur der Zukunft eine große Rolle spielen. So wird es in Zukunft mit Sicherheit mehr um Eigenverantwortung und Teamgeist gehen statt um Hierarchie, es geht eher um Schnelligkeit und Innovationskraft statt Perfektion, es geht mehr um Flexibilität statt Bürokratie und es geht vor allem um Zusammenarbeit, nicht nur im Unternehmen, sondern auch außerhalb des Unternehmens mit unterschiedlichen Partnern. Das heißt, in Zukunft wird auch die Grenze des Unternehmens nicht mehr so eng sein wie sie es früher war und man wird viel flexibler auf neue Anforderungen in der Umgebung reagieren.

Wie gelingt ein Kulturwandel konkret? Gibt es ein Erfolgskonzept oder auch Dinge, die vermieden werden sollten?

Es gibt natürlich kein Erfolgsrezept. Dafür sind die Unternehmen zu unterschiedlich. Ihre Historie zu unterschiedlich und auch die handelnden Persönlichkeiten zu verschieden. Aber es gibt Bausteine, die man beachten sollte, wenn man sich einem Kulturwandel nähert.
Ich habe in meinem Buch „Zukunftsfaktor Unternehmenskultur“ sieben Bausteine ausführlich beschrieben. Sie reichen von einer präzisen Zielbeschreibung, über Mobilisierungen und Alignment bis hin zur Steuerung und dem richtigen Aufsatz der verschiedenen Maßnahmen. Entscheidend, und dies darf man auf keinen Fall aus dem Blick verlieren, sind allerdings die handelnden Personen. Kulturwandel ist etwas, was von den Menschen die Bereitschaft verlangt, sich darauf einzulassen, und zwar sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Führungskräften. Von daher ist man gezwungen, sich sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie weit man in einem Unternehmen springen kann.

 

Wenn Sie mehr Informationen zu Peter Fischers Buch und zum Thema Kulturwandel in Ihrem Unternehmen wünschen oder einfach in einen unverbindlichen Austausch mit uns kommen wollen, kontaktieren Sie uns gerne über unser Kontaktformular.

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